Technologien

Carbon-Capture-Technologie

Nach dem „Übereinkommen von Paris“ ist spätestens in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Treibhausgasemissionen und deren Aufnahme durch natürliche oder technische Senken zu erreichen – ein Zustand, der als Treibhausgasneutralität bezeichnet wird. Drei Strategien stehen hierfür grundsätzlich zur Verfügung:

    1. Vermeidung von Emissionen durch reduzierten Verbrauch von Produkten oder Reduktion von Aktivitäten, die zu Treibhausgasemissionen führen,
    2. Ersetzen (Substitution) von treibhausgasintensiven durch treibhausgasneutrale oder treibhausgasarme Techniken und Produkte,
    3. Schaffung von CO2-Senken, d.h. die Entnahme von bereits emittiertem ⁠CO2 aus der ⁠Atmosphäre⁠.

Bei der Diskussionen über Klimaerwärmung wird CO2 als wichtigstes Treibhausgas angesehen. Zur Verringerung des CO2-Ausstoßes sollen insbesondere Technologien mit höherer Energieeffizienz sowie die Nutzung Erneuerbarer Energie zum Einsatz kommen. Darüber hinaus werden auch Möglichkeiten zur Abscheidung und anschließenden Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage, CCS) untersucht.

Eine weitere Alternative zu CCS, die zur aktiven Verringerung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre beitragen kann, ist die CO2-Abscheidung und Verwendung (Carbon Capture and Utilisation, CCU). Hierbei wird CO2 nicht nur als abzuscheidendes Treibhausgas betrachtet, sondern auch als wertvoller Rohstoff, der durch Carbon Capture gewonnen wird. Mögliche CCU-Technologien stehen jedoch noch am Anfang ihrer Entwicklung, langfristig können diese Technologien aber eine wichtige Rolle im CO2-Stoffkreislauf spielen.

Besonders für energieintensive Industrien mit hohem CO2-Ausstoß, wie die Stahl-, Zement- und Kalkindustrie, Kraftwerke und Heizkraftwerke, Papierfabriken sowie Chemieanlagen sind Carbon Capture, Utilisation and Storage (CCUS) Technologien von besonderem Interesse.

Bislang ist die Nutzung von CO2 weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene umfassend geregelt. Nach dem Eckpunktepapier des BMWK für eine Carbon-Management-Strategie aus Februar 2024 sollen mögliche Einsatzgebiete für CCU und CCS sowie die rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen – möglichst im Einklang mit europäischen und internationalen Standards und Regelungen – für einen erfolgreichen Hochlauf einer CCUS-Industrie identifiziert werden.

Dauerhafte Speicherung von CO2

Das Ziel der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid (CO2) ist die Reduzierung der CO2-Emissionen in die Atmosphäre. Das gespeicherte CO2 kann wie oben beschrieben aus verschiedenen Quellen stammen. Mögliche Speichermöglichkeiten sind teilweise oder vollständig erschöpfte Öl- und Gaslagerstätten sowie saline Aquifere. CO2 kann sowohl an Land als auch im Meeresuntergrund gespeichert werden. Die Entwicklung einer CO2-Infrastruktur ist eine große Herausforderung für die Entwicklung von CCS-Projekten und muss vor allem in Europa entsprechend vorangetrieben werden. Lange Planungs- und Genehmigungszeiten, noch nicht vollständig ausgearbeitete Rechtsvorschriften sowie Vorbehalte in der Öffentlichkeit gegenüber Pipelines und Onshore-Speichern erhöhen Kosten und Risiken bei der Projektentwicklung. Umfangreiche Pilotprojekte zur CO2-Speicherung verbessern die öffentliche Wahrnehmung und tragen zur Weiterentwicklung des Fachwissens im Hinblick auf Design und Betrieb bei.

CO2 als Rohstoff

Auch in einem effizienten und treibhausgasneutralen Wirtschaftssystem wird langfristig ein Bedarf an Kohlenwasserstoffen bestehen, beispielsweise für die chemische Industrie sowie den Luft- und Seeverkehr. Eine vielversprechende Rohstoffquelle ist das Recycling kohlenstoffhaltiger Produkte, das jedoch voraussichtlich nur einen Teil des Bedarfs decken kann. Langfristig werden umfangreiche CCU-Maßnahmen erforderlich, um den verbleibenden Bedarf zu sichern. Kohlenstoff muss in erheblichen Mengen direkt aus der Atmosphäre sowie aus unvermeidbaren Emissionsquellen bereitgestellt werden. Bereits heute werden Carbon-Capture-Anlagen gebaut und betrieben. Außerdem wird die Weiterverwertung des gewonnen CO2 als Rohmaterial in der chemischen Industrie oder in der Produktion von E-fuels seit längerem erforscht. Die Verfügbarkeit und technische Weiterentwicklung von CCU-Techniken und die dafür notwendigen Energiemengen müssen für die Zirkularität der Kohlenstoffwirtschaft in einem defossilen Wirtschaftssystem sichergestellt werden.

Kraftwerkstechnologien mit CO2-Abtrennung als Rohstoff

Zur Reduktion der Emissionen und als Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels in Richtung Klimaneutralität, wird in der Kraftwerkstechnologie intensiv geforscht. Der Fokus liegt dabei auf der CO2-Abscheidung, die eine entscheidende Rolle bei der Dekarbonisierung von Kraftwerksanlagen spielt. Bei der Nutzung von biogenen Brennstoffen ermöglicht CCUS potenziell negative CO2 Emissionen. Bei der Verbrennung von Abfall ist zusätzlich eine umfassende Gasreinigung erforderlich, um Schadstoffe zu entfernen und die Effizienz der CO2-Abscheidung sicherzustellen.

Derzeit stehen drei Hauptverfahren zur Verfügung, die sich in ihrer technologischen Umsetzung und ihrem Einsatz­potenzial unterscheiden:

Pre-Combustion
Bei diesem Verfahren werden kohlenstoffhal­tige Brennstoffe wie fossile Energieträger Biomasse oder biogene Abfälle vor der eigentlichen Energieumwandlung in ihre Bestandteile zerlegt. Dies erfolgt häufig durch die Gasifizierung des Energieträgers, wobei CO2 und Wasserstoff entstehen. Der Wasserstoff kann anschließend in einer Gasturbine oder einem anderen geeigneten System eingesetzt werden. Das Verfahren ist technologisch ausgereift und kommt in der Industrie bei der Reinigung von Synthesegas routinemäßig zum Einsatz.
Oxyfuel

Beim Oxyfuel-Verfahren wird bei der Verbrennung reiner Sauerstoff anstelle von Luft eingesetzt. Dies führt zu einem Abgasstrom, der hauptsächlich aus CO2 und Wasserdampf besteht, wodurch die CO2-Abscheidung erleichtert wird. In diesem Verfahren können sowohl fossile Brennstoffe als auch Biomasse oder Abfall als Energieträger genutzt werden. Derzeit ist das Verfahren noch nicht wirtschaftlich und wird vor allem in Pilotprojekten untersucht.

Post-Combustion
Beim Post-Combustion-Verfahren wird das CO2 nach der Verbrennung des Rohstoffs aus den Abgasen abgeschieden. Das Verfahren ist flexibel einsetzbar und kann beim Einsatz fossiler Brennstoffe, Biomasse oder Abfall angewendet werden. Die vergleichsweise einfache Nachrüstung bestehender Anlagen mit dem Post-Combustion-Verfahren machen diese Option besonders attraktiv. Die Amin­wäsche ist bisher das einzige Post-Combustion-Verfahren, das bereits kommer­ziell eingesetzt wird. Es basiert auf der che­mischen Bindung von CO2 an Amine, gefolgt von der thermischen Regeneration der Lösung zur Abtrennung des reinen CO2.

Carbon-Capture-Technologien in der Entwicklung:

Membrantrennverfahren

Das Membrantrennverfahren nutzt spezielle Membranen, die selektiv CO2 aus Gasgemischen abtrennen. Dabei diffundiert das CO2 durch die Membran, während andere Gase wie Stickstoff oder Sauerstoff weitgehend zurückgehalten werden. Der Prozess beruht auf physikalischen Eigenschaften wie der Löslichkeit und der Diffusionsfähigkeit der Gase in der Membran.

Es eignet sich besonders für Anlagen mit niedrigem bis mittlerem CO2-Gehalt im Abgasstrom und wird derzeit in der Pilotphase getestet. Darüber hinaus befinden sich verschiedene Membrantypen in der Entwicklung.

Carbonate Looping

Das Carboante Looping wird auch als Trockenabsorptionsverfahren bezeichnet und zählt zu den Nachverbrennungsverfahren.

Es basiert auf der reversiblen Reaktion von Calciumoxid (CaO) und Kohlendioxid (CO2) zu Calciumcarbonat (CaCO3). In einem Zyklus wird CO₂ aus Abgasen durch Reaktion mit CaO in einem Karbonator gebunden. Anschließend wird das gebildete CaCO3 in einem Kalzinator thermisch zersetzt, wobei CO2 für die Weiterverarbeitung oder Speicherung freigesetzt wird, während das regenerierte CaO wiederverwendet wird. Dieses Verfahren ermöglicht eine effiziente CO2-Abtrennung mit vergleichsweise geringem Energieaufwand und kann in bestehende Kraftwerke integriert werden.

Direct-Air-Capture (DAC)

Mit dem Direct-Air-Capture-Verfahren (DAC) wird CO2 direkt aus der Atmosphäre gefiltert. Dabei wird die Umgebungsluft angesaugt und durch einen Filter geleitet.

Zwei verschiedene Varianten kommen zum Einsatz:

Aktivitäten

Der Erfahrungsaustausch und insbesondere die Entwicklung praxisorientierter Lösungen für den Einsatz von CCUS-Technologien ist eine der Kernaufgaben unserer Verbandsarbeit.

Bereits in der Vergangenheit arbeitete vgbe in der ZERO EMISSIONS PLATFORM (ZEP) mit. Die ZEP ist eine europäische Initiative, die 2005 gegründet wurde, um den Einsatz von CCUS zu fördern. Sie vereint Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten, um technische, wirtschaftliche und politische Strategien zur Förderung der Treibhausgasreduktion durch CCUS-Technologien zu entwickeln. Ziel ist es, die Erreichung der EU-Klimaziele zu unterstützen und die Entwicklung von CCUS als wichtigen Bestandteil einer nachhaltigen Energiezukunft voranzutreiben.

Dank der in diesem Gremium gesammelten Erfahrungen spielt vgbe eine zentrale Rolle bei der Beratung und Unterstützung seiner Mitglieder in der Auswahl, Auslegung und Optimierung von CCUS-Technologien sowie bei der Bewältigung aktueller ökologischer und strategischer Herausforderungen.

Folgende Kernthemen stehen im Fokus:

vgbe-Regelwerke geben den Stand der Technik für die Erzeugung und Speicherung von Strom und Wärme wieder. Sie werden in enger Kooperation mit Betreibern und Herstellern erarbeitet.
Anwendungsbereiche sind u.a.:

  • Auslegung, Design und Planung
  • Einkauf und Herstellung
  • Errichtung und Inbetriebnahme
  • Betrieb und Instandhaltung
  • Rückbau und Recycling

Für ordentliche Mitglieder des vgbe energy ist der Bezug des vgbe-Regelwerks in elektronischer Form (eBook) im Mitgliedsbeitrag enthalten. Außerordentliche und fördernde vgbe-Mitglieder erhalten das vgbe-Regelwerk zu vergünstigten Konditionen.

Übersicht aller vgbe-Standards finden Sie im Medienverzeichnis!

Um neuen Herausforderungen zu begegnen, bietet vgbe energy Forschungskooperationen an, in denen sowohl Betreiber als auch Hersteller, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und die öffentliche Hand ihr Fachwissen und ihre finanziellen Ressourcen bündeln. Dies umfasst die Initiierung und Koordination nationaler und internationaler Forschungsprojekte, den Wissensaufbau und -transfer sowie Kosteneinsparungen durch gemeinsame Forschungsinitiativen.

vgbe energy organisiert themenspezifische Expert Workshops, die den Austausch und die Entwicklung praxisnaher Lösungen auf höchstem technischem Niveau fördern.

Die Expert Workshops werden in Zusammenarbeit mit den vgbe-Mitgliedern geplant und decken ein breites Anwendungsspektrum mit etablierten und neuen Technologien zur Energieumwandlung und -speicherung ab. Diese Workshops können kurzfristig organisiert werden und greifen daher nicht nur drängende Fragen der Branche auf, sondern können auch proaktiv genutzt werden, um Lösungen für anstehende Herausforderungen zu finden. Ein wesentliches Merkmal der Expert Workshops ist das Prinzip des Gebens und Nehmens: Die aktive Teilnahme setzt einen obligatorischen Vortrag und die anschließende Diskussion voraus.

Das Verständnis und die Umsetzung von Best Practices in Betrieb und Entwicklung gehören zu den Kernthemen von vgbe. Gemeinsam mit seinen Mitgliedern hat vgbe verschiedene Technische Programme ins Leben gerufen, die sowohl vgbe-Mitgliedern als auch Nichtmitgliedern offenstehen. Diese Programme unterstützen die Energiebranche aktiv bei technisch-ökonomischen und ökologischen Herausforderungen – von der Optimierung des Anlagenbetriebs über Instandhaltung und Effizienzsteigerung bis hin zur Gestaltung des Future Energy System.

Technical Competence Center „Future Energy System“

Das Technical Committee „Carbon Capture, Utilisation and Storage“ ist Teil unseres Technical Competence Centers (TCC) „Future Energy System“. Es ist Ziel der Aktivitäten des TCC eine Interessens- und Kommunikationsplattform für Unternehmen zu schaffen, die sich für die Förderung, Umsetzung und den Betrieb von Zukunftstechnologien im Industrie und Energiesektor engagieren.

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