Die Rolle der Gasturbine im zukünftigen Energiesystem ist aktueller denn je. Als „Feuerwehr des Stromsystems“ wird sie nicht nur medial, sondern auch fachlich hoch gehandelt. Dies gilt insbesondere angesichts der jährlich wiederkehrenden Dunkelflauten in den Wintermonaten, in denen über mehrere Tage die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Pläne der neuen Bundesregierung sehen den Aufbau von bis zu 20 GW neuer Gaskraftwerkskapazitäten vor, ein Bedarf, der bereits 2023 von den Übertragungsnetzbetreibern und der Bundesnetzagentur identifiziert wurde.
In diesem hochdynamischen Umfeld fand am 4. und 5. Juni 2025 in Wesel die vgbe-Fachtagung „Gasturbinen und Gasturbinenbetrieb“ mit rund 150 Teilnehmenden aus dem In- und Ausland statt. Der Schwerpunkt lag auf der Rolle von Gasturbinen im Kontext der Energiewende, insbesondere auf Fragen der Wasserstoffnutzung, Flexibilisierung, Effizienzsteigerung und Dekarbonisierung.

Eröffnung mit klarer Agenda

Dr.-Ing. E.h. Manfred Freimark, Vorsitzender des vgbe-Technischen Komitees „Gasturbinen und Gasturbinenbetrieb“, eröffnete die Veranstaltung mit einem eindringlichen Appell: Gasturbinen seien essenziell für eine gesicherte, klimaverträgliche und bezahlbare Energieversorgung in Deutschland und Europa. H₂-fähige Gaskraftwerke seien dabei unverzichtbare Partnertechnologien der Erneuerbaren. Der politische Fokus müsse sich wieder stärker auf industrielle Realitäten richten.
Manfred Freimark verwies in diesem Zusammenhang auch auf die gemeinsame BDI/BCG-Studie „Energiewende auf Kurs bringen“ (März 2025), die u.a. eine marktorientierte Förderung flexibler H₂-Gaskraftwerke, einen bedarfsgerechten Netzausbau sowie Investitionen in CCUS-Technologien fordert.
Technologie- und Zukunftsthemen im Fokus
Giuseppe Tilocca und René Vijgen haben in ihrem Vortrag „Die entscheidende Rolle der Turbomaschinen für eine erfolgreiche Energiewende“ eindrucksvoll aufgezeigt, dass gesicherte Leistungskapazitäten langfristig nur durch die Modernisierung und Erweiterung thermischer Erzeuger – inklusive CCS und erneuerbarer Brennstoffe – erreichbar sind. Aktuelle Entwicklungen bei wasserstofffähigen Turbinen, darunter Projekte mit 100 % H₂-Betrieb, demonstrierten den raschen technologischen Fortschritt.

Tobias Neumann und Bernhard Cosic haben in „Carbon Capture für GuD-Kraftwerke“ die Rolle von CO₂-Abscheidung bei der klimafreundlichen Nutzung von Kombikraftwerken beleuchtet. Anhand realer CCGT-Projekte mit F- und H-Klasse-Turbinen und Abscheideraten von bis zu 95 % wurde die praktische Umsetzbarkeit von Post-Combustion-Ansätzen erläutert. Dabei lassen sich jährlich bis zu 5 Millionen Tonnen CO₂ abscheiden.
Gerhard Früchtel und Andreas Ciani haben mit „FLEX4H2 – 100 % Wasserstoff mit sequenzieller Verbrennung“ ein EU- und Schweiz-gefördertes Projekt zur Entwicklung von H₂-Verbrennungssystemen präsentiert. Die sequenzielle Verbrennung, die bereits in der GT36 erprobt wurde, erlaubt heute schon den Betrieb mit bis zu 70 Vol.-% Wasserstoff, was 41 % CO₂-Reduktion bedeutet. Als mittelfristiges Ziel wurde 100 % H₂-Betrieb mit Hochdruckvalidierung und industrieller Skalierbarkeit ausgegeben.



Networking und Ausstellung






Fazit und Ausblick
Die Tagung hat eindrucksvoll gezeigt, dass technologische Lösungen vorhanden sind, von H₂-fähigen Gasturbinen über CCS bis zur digitalen Anlagenoptimierung. Was fehlt, sind klare politische Rahmenbedingungen, ein strategisch durchdachter Marktdesign-Rahmen und Investitionssicherheit für Betreiber.
vgbe energy e.V. dankt allen Vortragenden, Ausstellern und Teilnehmenden für ihr Engagement. Die starke Beteiligung, die hohe Qualität der Diskussionen und der klare Blick auf gemeinsame Lösungen haben die Fachtagung 2025 erneut zu einem vollen Erfolg gemacht.
Die nächste vgbe-Gasturbinentagung findet im Frühjahr 2027 statt. Ort und Zeit werden rechtzeitig über die bekannten Kanäle kommuniziert.