Die traditionsreiche vgbe-Chemiekonferenz fand in diesem Jahr bereits zum 60. Mal statt. Dazu sind rund 160 Teilnehmende aus dem In- und Ausland vom 22. bis 24. Oktober 2024 nach Potsdam gekommen, um sich über die aktuellen Trends und Herausforderungen der Kraftwerkschemie auszutauschen und zu informieren.

Der Fokus des ersten Tages lag auf der Wasseraufbereitung sowie Auswirkungen und Einfluss auf den Wasser-Dampf-Kreislauf. Dazu wurden verschiedene Membrantechnologien vorgestellt und mit klassischen Ionenaustauschern verglichen. In diesem Zusammenhang sind die Beiträge von Christoph Maurer und Dheneshree Lalla et al hervorzuheben.
In seinem Beitrag „Effizienzsteigernde Maßnahmen in der Wasseraufbereitung“ hat Christoph Maurer gezeigt, wie kritische Wasserinhaltsstoffe, z.B. DOC und Silikate, mit Hilfe der Membrantechnologie sehr effektiv zurückgehalten werden können. Durch die synergetische Kombination der Membrantechnologie mit Ionenaustauschern lassen sich die Stärken beider Verfahren optimal nutzen, wie in zahlreichen Praxisbeispielen erfolgreich nachgewiesen. Dadurch lässt sich die bedingt durch den Klimawandel knappe und wertvolle Ressource Wasser ökologisch und ökonomisch optimal nutzen.

Dheneshree Lalla hat in ihrem Beitrag „Einsatz von membrantechnischen Verfahren (Entsalzungsanlagen) zur Vollentsalzung in der Energieerzeugung – die Erfahrungen von ESKOM“ beschrieben, wie der südafrikanische Betreiber an zwei Kraftwerksstandorten membranbasierte Systeme zur Herstellung von entmineralisiertem Wasser eingesetzt hat. Ein wichtiges Kriterium war hierbei die Speisewasserqualität. Darüber hinaus wurden die Gründe für den Einsatz der Membrantechnologie gegenüber Ionenaustauscher detailliert erläutert.
Positiv aufgenommen wurde auch der Beitrag „Praxisbeispiele: Turbinenversalzung – altes Thema, aber immer aktuell“ von Christoph Giebmanns, Leiter der Wasserchemie der vgbe technischen Dienste. Erneut wurde die Bedeutung der Überwachung des Arbeitsmediums für den störungsfreien Betrieb hervorgehoben und auf mögliche Schäden an Dampfturbinen durch Ablagerungen und Korrosion hingewiesen. Sollten derartige Schäden dennoch auftreten, lassen sich Dampf- und Gasturbinen reinigen, wie dargestellt von Frank Udo Leidich in seinem Vortrag „Schaumreinigung von Dampf- und Gasturbinen“. Dabei handelt es sich um wirksame Methoden, verunreinigte Turbinen ohne Demontage zu reinigen und somit Wirkungsgradverluste und Nachfolgeschäden zu vermeiden.

Der zweite Konferenztag stand ganz im Zeichen des flexiblen Betriebs konventioneller Anlagen. Die zunehmende Erzeugung aus Erneuerbaren, zwingt konventionelle Anlagen verstärkt zum flexiblen Anlagenbetrieb. Die Auswirkungen dieser Fahrweisen auf die Kraftwerkschemie standen am zweiten Tag im Fokus. In diesem Zusammenhang stieß der Vortrag von Michael Rziha „Typische und häufige chemische Probleme in Anlagen mit zyklischem Betrieb“ auf besonderes Interesse.
Die zyklische Fahrweise mit hohen Lastwechseln, einer Vielzahl von Stillständen und dementsprechend vielen Anfahrvorgängen wurden als neue Normalität beschrieben, was zu kritischen Effekten und Auswirkungen auf die Anlage führt. Michael Rziha hat in seinem Beitrag wertvolle Hinweise geliefert, wie derartige Effekte messtechnisch erkannt und Gegenmaßnahmen rechtzeitig ergriffen werden können.



Auch Zanele Dladla hat dieses Thema in ihrem Vortrag „Auswirkungen des Schwachlastbetriebs auf die Kreislaufchemie – Erfahrungen und Perspektiven von Eskom in zwei Kohlekraftwerken“ adressiert. Es wurden Untersuchungsergebnisse vorgestellt mit deren Hilfe die Auswirkungen des Schwachlastbetriebs auf die Kraftwerkschemie in zwei unterkritischen (>16 MPa Kessel) kohlebefeuerten Kraftwerken ermittelt wurden. In beiden Fällen wurde entsprechend internationaler Erfahrungen festgestellt, dass der Schwachlastbetrieb Auswirkungen auf die Kreislaufchemie und deren Steuerung hat.
„Wasserchemie in Elektrodenkesseln – Erfahrungen von Ørsted in Dänemark“ lautete der Vortragtitel von Monika Nielson. Am Standort Studstrup werden sechs Hochspannungs-Elektrodenkessel (2 x 40 MW und 4 x 50 MW) betrieben, die zur Fernwärmeversorgung beitragen und als Fast Frequency Reserve (FFR) zur Stabilisierung der Frequenz im nordischen Synchrongebiet dienen. Die beiden 2015 in Betreib genommenen 40-MW-Kessel werden mit NaOH im Kesselwasser konditioniert, um die Leitfähigkeit für die Übertragung von elektrischem Strom und die Erzeugung von Warmwasser zu erhöhen. In 2023 wurden die vier 50-MW-Kessel in Betrieb genommen, die mit Na3PO4 konditioniert und mit Fernwärmewasser versorgt werden. Während des Betriebs traten verschiedene Probleme mit der Wasserchemie in den Kesseln auf, wie zum Beispiel Funkenbildung, die zu einem Absinken des pH-Werts und zu Rissen an den Elektrodenspitzen führte, hohe Korrosionsraten der Elektroden, H2– und O2-Bildung sowie hoher TOC- und SiO2-Gehalt.
Ein Novum der 60. Chemiekonferenz war die Podiumsdiskussion, in der aktuelle und zukünftige Themen der Kraftwerkschemie diskutiert wurden. Dazu wurden unter anderem Themen wie Carbon Capture und Utilisation (CCSU), der Wechsel von wenigen Großkesseln auf mehrere Kleinanlagen inklusive Fuel Switch, Wasserstoff und der Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaff und damit verbunden die Elektrolysewasserqualität und H2-Produktion sowie die Kühlwasserhygiene erörtert.

Traditionsgemäß wurde auch diese Konferenz wieder von einer Fachausstellung begleitet, auf der 19 Austeller ihre Produkte und Dienstleistungen zeigen konnten. Die Fachausstellung, die am Vorabend der Konferenzeröffnung auch als Treffpunkt für das Get-together genutzt wurde sowie die Abendveranstaltung sind feste Bestandteile des Programms der Chemiekonferenz und haben einen hohen Stellewert für Besucher, Aussteller und Vortragende gleichermaßen. Abseits des Konferenzprogramms mit intensiver Diskussion der Vorträge, bietet sich der eng verbundenen vgbe Chemistry Community reichlich Gelegenheit zum persönlichen Austausch und vertiefenden Networking.



Dieser wichtige Programmpunkt wurde von Swan Systems Engineering (Get-together) und der Kurita Europe GmbH sowie der Purolite GmbH (Abendveranstaltung) gesponsert. Dafür gilt den Sponsoren erneut ein herzliches Dankeschön. Darüber hinaus dankt das vgbe-Konferenzteam allen Teilnehmenden und Vortragenden für ihre wertvollen Beiträge sowie den ausstellenden Unternehmen, die einen umfassenden Einblick in ihre neusten Entwicklungen ermöglicht haben. Alle Beteiligten haben zum Gelingen dieser qualitativ hochwertigen Veranstaltung beigetragen.
Das vgbe-Team freut sich auf die nächste vgbe-Chemiekonferenz, die vom 28. bis 30. Oktober 2025 in Kassel stattfinden wird.