
Ihrem Zweijahresrhythmus folgend, fand die diesjährige KELI vom 10. bis 12. Mai 2022 in Bremen statt. Die Konferenz wurde wieder durch eine begleitende Fachausstellung mit 12 Ausstellern aus den Bereichen Elektrifizierung, Automation, Antriebstechnik, Engineering-Software, IT-Sicherheitslösungen, Leittechniksystemen und Cybersicherheit abgerundet. Rund 230 Teilnehmer aus dem In- und Ausland haben die KELI als Plattform genutzt, um sich über die neuesten Trends zu informieren und die technischen Herausforderungen der aktuellen Energiepolitik zu diskutieren. Traditionell begann die Konferenz bereits am Vorabend des ersten Veranstaltungstages mit ausreichend Gelegenheit zum fachlichen und persönlichen Austausch und zum Besuch der Fachausstellung beim zwanglosen Get-together. An den folgenden beiden Tagen wurden in zehn Sektionen schwerpunktmäßig folgende Themen behandelt:
- Cybersicherheit und IT-Sicherheit aus Sicht der Betreiber , Hersteller und Dienstleister im Hinblick auf die Verknüpfung zu bestehenden Kraftwerksautomatisierungen und neuen Lösungsansätzen wie Künstlicher Intelligenz (KI), funktionale Sicherheit und SIL-Anforderungen,
- Systemstützendes Reglerverhalten und Robustheit gegenüber Frequenzgradienten,
- Netzanschlusserfahren für Energieanlagenbetreiber komplex und schwer handelbar: Austausch zu Sichtweisen eines Zertifizierers und Projekterfahrungen eines Betreibers,
- Elektrische Sicherheit,
- Weitreichende Modellierungen, virtuelles Kraftwerk und Zentralwarten,
- Ursachen und Auswirkungen von Torsionsschwingungen auf Kraftwerksturbosätze im Umfeld geänderter Netzbedingungen,
- Neuigkeiten und Innovationen in Diagnostik und Instandhaltung,
- Optimierungen und Lifecycle-Betrachtungen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Erhalt der Zukunftsfähigkeit
Die Dekarbonisierung der Energieversorgung stellt alle bisherigen Veränderungen der industriellen Entwicklung in den Schatten. Stefan Basenach hat in seinem Plenarvortrag zum Thema „Dekarbonisierung mit Wasserstoff – Erzeugung und Einsatz von H2 im Energiesystem“, die damit verbundenen Herausforderungen eindrucksvoll dargestellt. Zum einen gilt es die Verfügbarkeit bestehender (konventioneller) Energieversorgung bis zum letzten Tag sicher zu stellen und zum anderen müssen diese bestehenden Energiestandorte in Energiefabriken transformiert werden. Dabei spielt die Herstellung von grünem Wasserstoff eine entscheidende Rolle.

Durch die Nutzung von Bestandsanlagen ergeben sich erhebliche Vorteile im Hinblick auf Genehmigungsfragen, Infrastruktur, Technik, Konw-how und vor allem Personal – eine wichtige Ressource, deren Knappheit sich bereits heute deutlich abzeichnet. Damit bieten Bestandsanlagen optimale Voraussetzungen auch in Zukunft als Rückgrat einer gesicherten und CO2-neutralen Energieversorgung zu fungieren. Dazu bedarf es jedoch wesentlicher Veränderungen beim Betrieb dieser Anlagen. Die Energiestandorte von heute werden sich zu komplexen Prozessanlagen entwickeln und das gleichzeitige Handling verschiedenster Energieträger (Strom, H2, Wärme, Bio Fuels) erfordert eine umfangreiche Digitalisierung der Prozesse. Ohne entsprechende Digitalisierung und Automatisierung werden weder Erzeugung und Verteilung, noch das Energiesystem als Ganzes funktionieren.
In einem weiteren Plenarvortrag von Harald Weber zum Thema „Wege zu einer sicheren und stabilen voll-regenerativen elektrischen Energieversorgung“ wurde am Beispiel des Wasserstoff-Speicherkraftwerksprojekts „Referenzobjekt Lausitz“ (RefLau) im Industriepark Schwarze Pumpe gezeigt, wie mit komplett neuen Ansätzen für die Netzregelung und Systemführung der Weg hin zur voll-regernativen elektrischen Energieversorgung beschritten werden kann. Seit der wattschen Dampfmaschine wird die Netzstabilität über ein gestuftes System, bestehend aus Momentanreserve, Primär-, Sekundär und Tertiärregelung gewährleistet. Durch neue volatile Einspeisung insbesondere Windkraft und Photovoltaik, ergeben sich für das Netz neue Regel- und Steuermöglichkeiten. Mit vermehrter Außerbetriebsetzung konventioneller Kraftwerke müssen die Erneuerbaren die Aufgaben der Sicherung der Netzstabilität übernehmen und auch Störfälle bis hin zum Inselnetzbetrieb sicher beherrschen können. Eine Aufgabe, die von Forschungseinrichtungen, Herstellern und Verbänden gemeinsam zu lösen ist.



Die Plenarvorträge wurden in einer Podiumsdiskussion vertieft. In der Diskussion zum Thema „Digitalisierung auf dem Weg zum Schlüssel des Energiesystems der Zukunft“ haben Betreiber und Hersteller die Themen Dekarbonisierung, Digitalisierung und Automatisierung und deren Auswirkung auf den zukünftigen Energiemarkt erörtert. Dabei wurde noch einmal die herausragende Rolle der Vernetzung und Kooperation aller Akteure des Energiesystems herausgestellt. Darüber hinaus sind treibende und flankierende regulatorische Aspekte von großer Bedeutung, die den Bedarf und Nutzen einer sektoren-übergreifenden Zertifizierung von grüner Energie darlegen und nachweisen, um den kommenden EU-Programmen zu entsprechen und die Dekarbonisierung zu unterstützen.
Wie bereits beim Get-together am Vorabend, gab es bei einer Abendveranstaltung am Ende des ersten Konferenztages reichlich Gelegenheit zum intensiven fachlichen Austausch und zum Networking.
Die Sektionsbeiträge des zweiten Tages wurden jeweils durch kurze Diskussionen der Beiträge beendet. Es konnte festgestellt werden, dass insgesamt eine positive Grundstimmung herrscht und die Konferenzteilnehmer den KELI-Themen auch zukünftig eine hohe Bedeutung beimessen, um den Herausforderungen einer gesicherten Energieversorgung angemessen zu begegnen. In diesem Zusammenhang spielen vor allem auch autonome Standorte und Kraftwerke eine immer größer werdende Rolle.
Zum Teilnehmerkreis zählten auch dieses Mal wieder Studierende, die kostenlos an vgbe-Veranstaltungen teilnehmen können. Rund 15 Studierende nutzten das Angebot und beteiligten sich aktiv am Vortragsprogramm und ergriffen die Möglichkeiten Netzwerke zu etablieren. Wie bereits dargestellt, zählt der Fachkräftemangel mit zu den gravierendsten aktuellen und zukünftigen Problemen. Aus solchen Veranstaltungen und den dort neu geknüpften Netzwerken ergeben sich sowohl für die angehende Ingenieure: Innen als auch für Betreiber und Hersteller interessante Kontakte, für die vgbe-Veranstaltungen eine ideale Plattform bieten.
Das vgbe-Tagungsteam dankt allen Teilnehmenden, Vortragenden und Ausstellern für ihr Interesse und ihre Mitwirkung und freut sich auf ein Wiedersehen auf der nächsten KELI, die vom 14. bis 16. Mai 2024 in Essen stattfinden soll.
Informationen dazu werden rechtzeitig auf dem vgbe-Veranstaltungsportal und im vgbe energy journal gegeben.