

Die Fachtagung „Brennstoffe, Feuerungen und Abgasreinigung 2022“ hat am 28. und 29. September 2022 im Hotel Gastwerk in Hamburg stattgefunden. Vor der historischen Kulisse des alten Gaswerks, das vor rund 120 Jahren erstmals Licht in die Straßen und Häuser Hamburgs brachte, wurde die diesjährige vgbe-Fachtagung durchgeführt. Die ursprüngliche Veranstaltung wurde um den Part der Abgasreinigung erweitert und ermöglicht somit eine integrale Betrachtung der Brennstoffnutzung und die damit verbundenen Auswirkungen auf entscheidende Anlagenkomponenten im Kraftwerk. Vor allem im Hinblick auf die aktuelle Versorgungslage und das Wiederanfahren bereits stillgelegter konventioneller Erzeugungskapazitäten, rücken Anlagenflexibilität und der Einsatz unterschiedlicher Brennstoffe, unter Berücksichtigung der Abgasreinigungskapazität verstärkt in den Fokus. Auch wenn temporär fossile Energieträger wieder vermehrt zum Einsatz kommen, dürfen die ambitionierten Klimaschutzziele, die auch mithilfe von Brennstoffen neuer Provenienzen (H2, NH3) und modernster Abgasreinigungstechniken (Carbon Capture) erzielt werden, gerade jetzt nicht außer Acht gelassen werden.
Das Themenangebot war dementsprechend vielfältig und reichte von Sensoren-Einsatz zur Schwingungsmessung, Feuerraumüberwachung und Korrosionsmessung über den Einsatz unterschiedlicher Werk- und Brennstoffe im Kesselbereich bis hin zur Reduzierung von Quecksilber-, Staub- und SO2-Emissionen.

Hinsichtlich des Einsatzes von Sensoren ist der Beitrag von Adrian Marx et al „Online-Korrosionsmonitoring in Kraftwerksanlagen“ hervorzuheben. Bei diesem Verfahren kommt ein Sensor zur quantitativen Online-Erfassung der Korrosionsrate von Wandheizflächen im Verdampferbereich von Kraftwerken zum Einsatz. Das vorgestellte Verfahren konnte bis zur Marktreife entwickelt werden. Der passiv gekühlte Korrosionssensor lässt sich durch minimalen Aufwand an jeder beliebigen Stelle in eine Verdampferwand integrieren und ermöglicht somit ein optimales Korrosionsmonitoring und leistet damit einen wertvollen Beitrag zur optimierten Condition-based Maintenance (CBM).
Neben Beiträgen zu Werkstoffen von U. Schadow, in denen z.B. längsnahtgeschweißte Alloy-Rohre anstelle von Kesselrohren mit Nickelbasis-Cladding vorgestellt wurden, gab es interessante Einblicke in den direkten Einfluss der Energiewende auf den Kraftwerksbetrieb und mögliche Alternativen zu Wasserstoff als Brennstoff der Zukunft.
In seinem Beitrag „GKM und die Energiewende“ hat Peter Volkmann die Auswirkungen auf einen Kraftwerksstandort eindrucksvoll dargestellt. Die dabei zu beobachtenden Effekte im Hinblick auf Personal, das insgesamt zu einem immer knapper werdenden Gut und standortbestimmend wird, Anlagenfahrweise, Brennstoffsicherheit etc. stellen die Betreiber vor enorme Herausforderungen, die von den Teilnehmerintensiv diskutiert wurden.
Als Alternative zu möglichst grünem Wasserstoff rückt Ammoniak als CO2-freier Brennstoff weiter in den Vordergrund. Dr. Jörg Leicher hat in seinem Beitrag „Ammoniak als alternativer Brennstoff“ hervorgehoben, dass Ammoniak im großtechnischen Maßstab zur Wärmeerzeugung eingesetzt werden kann, um die neuen Herausforderungen, die sich aus dem Einsatz von Ammoniak für die Verbrennungstechnik ergeben, wie z.B. die Stabilisierung von Flammen, das Zündverhalten und wahrscheinlich hohe NOX-Emissionen, bewerten und bewältigen zu können. Aber auch die seit Jahrzehnten bewährte Wirbelschichtfeuerung bietet optimale Möglichkeiten, ein breites Brennstoffband (Kohle, Biomasse, Klärschlamm, Abfall etc.) einzusetzen, wie in dem Beitrag „Multifuel-Feuerung in der zirkulierenden Wirbelschicht“ von Frank Leuschke vorgetragen.
Im Bereich Emissionsminderung wurde z.B. über die Ertüchtigung der nassen Rauchgasentschwefelungsanlage (REA) am Standort Lippendorf durch Dorian Rasche berichtet. Hier konnten durch den Einbau einer Tray-Ebene oberhalb des Rohgaseintritts, ein neues Suspendier- und Belüftungssystem und die Dosierung von Antischaummitteln bei einem Schwefelgehalt in der Kohle von bis zu 2% Schwefelabscheidungsgrade von bis zu 98% erreicht werden.
Hinsichtlich Quecksilberemissionen (Hg) wurden unterschiedliche technische Verfahren zur Reduktion von Hg-Emissionen bei der Kohleverbrennung durch Dr. Jan Schütze vorgestellt und auf Anwendbarkeit, Abscheidegrade und Kosten bewertet.
Nachdem die Veranstaltung durch ihren Zweijahresrhythmus und pandemiebedingt vier Jahre nicht in Präsenz stattfinden konnte, war die Resonanz bei den Teilnehmern sehr positiv. Das neue Format unter Einbeziehung der Abgasreinigungstechnik wurde begrüßt.
vgbe-Veranstaltungen, wie auch diese, bieten den Teilnehmern eine ideale Plattform für fachliche Diskussionen im Anschluss an die Vorträge und am Rand der Veranstaltung sowie beim Get-Together. Dabei besteht die Möglichkeit, bestehende Kontakte auszubauen, aufzufrischen sowie neue Beziehungen zu etablieren. Diese vgbe-Fachtagung zeigte, dass die anstehenden Herausforderungen der Energiewende und aktuell im Zusammenhang mit der Sicherung der Energieversorgung nur gemeinsam mit allen Beteiligten – Hersteller, Betreiber, Politik und Verbraucher – zu bewältigen sind. Für die Lösung dieser Probleme und bei der Bewältigung dieser Aufgaben bietet der vgbe als Fachverband einen technologieoffenen Rahmen, der in Hamburger Gastwerk wieder optimal genutzt wurde.
Das vgbe-Organisationsteam bedankt sich bei allen Vortragenden und Teilnehmern, die zum erfolgreichen Gelingen der Tagung beigetragen haben.
Die nächste vgbe-Fachtagung „Brennstoffe, Feuerungen und Abgasreinigung“ ist für den Herbst 2024 geplant. Informationen dazu werden rechtzeitig auf dem vgbe-Veranstaltungsportal, im vgbe energy journal und im vgbe-Newsletter bekanntgegeben.