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Ausgabe 1|2-2025

Neue Herausforderungen für Europas Energieversorgung – EU Clean Industrial Deal

Christopher Weßelmann

Die Europäische Kommission hat jetzt ihren seit längerem angekündigten Clean Industrial Deal vorgestellt, eine strategische Initiative, die Dekarbonisierung mit wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit verbindet. Das umfassende Paket umfasst einen Aktionsplan für erschwingliche Energie und das Omnibus-Paket, die beide darauf abzielen, die Nachhaltigkeitsziele und die EU-Investitionen zu vereinfachen.

Im Zentrum des Clean Industrial Deal stehen sechs zentrale Säulen, die sich mit den aktuellen industriellen und wirtschaftlichen Herausforderungen Europas befassen. Diese Säulen konzentrieren sich auf den Zugang zu bezahlbarer Energie, die Entwicklung von Leitmärkten für sauberes Angebot und saubere Nachfrage, die Förderung öffentlicher und privater Investitionen, die Sicherstellung des Zugangs zu wichtigen Materialien und Ressourcen, die Stärkung globaler Märkte und Partnerschaften sowie die Förderung von Beschäftigung und Qualifikationen. Zu den Maßnahmen, mit denen diese Ziele unterstützt werden sollen, gehören eine Überprüfung des CO2-Emissionshandels, die Einführung eines europäischen Netzausbaupakets und Investitionsprogramme der Europäischen Investitionsbank. Ein zentrales Ziel ist die Erhöhung der Elektrifizierungsrate auf 32 Prozent bis 2030, verbunden mit erweiterten Garantien für Strombezugsverträge, die nun auch die Kernenergie einschließen. Einige der vorgeschlagenen Änderungen, wie die Entkopplung von Gas- und Strompreisen und die Anpassung der Netztarife, bedürfen jedoch einer sorgfältigen Bewertung.

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Instandhaltungsstrategien für Regelkraftwerke – Längere Lebensdauer, optimierter Betrieb

Franz Binder

Mit flexiblem Betrieb auf die Anforderungen eines dynamischen Strommarktes zu reagieren, gehört für die Betreiber thermischer Kraftwerke inzwischen zum Alltag. Einerseits entstehen durch die Herausforderungen in der Fahrweise höhere Belastungen für drucktragende Bauteile, die sich signifikant auf die Lebensdauer auswirken. Andererseits ist das Geschäft, Residuallasten zu decken, lukrativ. Mit Schnellstartfähigkeit und noch höheren geforderten Leistungsänderungsgeschwindigkeiten wird insbesondere der Betrieb neuer Gaskraftwerke noch anspruchsvoller. Es gilt, eine möglichst optimale Balance zu finden zwischen vorausschauend-sicherem Betrieb und der Erfüllung dieser Zielsetzungen im Sinne der Gesamtwirtschaftlichkeit. Dafür hat TÜV SÜD in Zusammenarbeit mit einem kommunalen Energieversorger das auf Außentemperaturmessungen basierende Erschöpfungsmonitoring von Bauteilen gezielt weiterentwickelt.

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Kohlekraftwerke können ihren fossilen CO2-Footprint senken

Hellmuth Brüggemann, Martin Käß und Ingo Dreher

Gemäß den Bestrebungen der EU, den Ausstoß von Triebhausgasen zu reduzieren, sind ihre europäischen Mitgliedsländer dabei, die Energiewirtschaft auf eine ökologische und nachhaltige Erzeugungsstruktur umzuwandeln. Es besteht, zeitlich begrenzt, der Bedarf an Kohlekraftwerken, die als steuerbare Energielieferanten weiterhin die Stabilität der Netze absichern. Der Einsatz von Biomasse ist dabei eine Option zur Erreichung der Reduktionsziele. Viele Biomassen sind für den Ersatz von fossilen Brennstoffen teilweise als Mitverbrennung oder komplett durch entsprechende Umbaumaßnahmen geeignet. In diesem Beitrag soll über die wichtigen Aspekte der Verfügbarkeit von Biomassen für die thermische Nutzung in Kraftwerken berichtet und ein Ausblick auf die Wirtschaftlichkeit der gesamten Kette von der Biomasseernte, Transport, Lagerung, Aufbereitung bis zur Kraftwerksgrenze sowie die Anpassungsarbeiten an der Anlagentechnik gegeben werden.

Industriereinigung-Einsatz flüssiger Reinigungsmittel – Erfahrungen

Hans-Jürgen Kastner

In Betrieben der Industrie und Gewerbe liegen oft große Freiflächen, Apparate und Rohrleitungen vor, deren Oberflächen zur Verschmutzung neigen. Abgesehen von Maßnahmen Verschmutzungen zu vermeiden, besteht in vielen Fällen früher oder später eine Veranlassung zur Reinigung. Im unternehmerischen Umfeld sind Schmutz, also Verschmutzungen dann bedeutsam, wenn sich aus dem Vorliegen eine Störung der Produktion oder wenn sich betriebswirtschaftliche oder andere Nachteile, wie zum Beispiel Unfallgefahren oder Auswirkungen auf die Gesundheit oder das Wohlbefinden betreffend, ergeben. Schmutz haftet auf Oberflächen durch verschiedene Mechanismen, die von elektrostatischen Kräften, Adhäsion, mechanischer Verankerung bis hin zu chemischen Oberflächenveränderungen reichen.

Umstellung von fossil-befeuerten Dampferzeugern auf alternative Brennstoffe

Joonas Hämäläinen

Kessel für fossile Brennstoffe sind in industriellen Prozessen, in der Fernwärme und in der Stromerzeugung weit verbreitet. Ihre Umstellung auf alternative Brennstoffe kann als eine der vielen Lösungen zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen angesehen werden. Auch wenn die benötigte Infrastruktur bereits vorhanden ist, stellen sich bei der Umstellung der Bestandsanlagen von fossilen auf alternative Brennstoffe einige Herausforderungen dar wie z.B.: Vielfalt der Einsatzstoffe, Asche- und Emissionsmanagement sowie die Anpassung der eben dieser Infrastruktur.

Seltene Erden – Rückgewinnung aus kohlebasierten Materialien

Stephen Mills

Dieser Bericht befasst sich mit der strategischen Bedeutung und der wachsenden globalen Nachfrage nach Seltenerdelementen (SEE), die für viele High-Tech-Geräte und Verteidigungsanwendungen unverzichtbar sind. Sie sind auch ein entscheidender Bestandteil der Energiewende und werden in Technologien für erneuerbare Energien wie Solarmodulen, Windturbinen, Elektrolyseuren und Elektrofahrzeugen eingesetzt. Viele Studien zeigen die Rückgewinnung von Seltenerdmetallen aus verschiedenen kohlebezogenen Materialien auf, darunter Steinkohle und Braunkohle, Kohleabfälle, Grubenwasser und Nebenprodukte der Kohleverbrennung wie Flugasche.

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Kohle als Ressource: Vergasung und Chemikalien

Ian Reid

Chinas Strategie für Brennstoffe und Chemikalien konzentriert sich auf die Maximierung der Nutzung seiner heimischen Kohle, um seine Wirtschaft vor den starken Preisschwankungen bei importiertem Öl und Gas zu schützen. Die Kohleveredelung ist eine relativ neue Industrie, die schnell wächst und nach Elektrizität, Stahl und Zement der größte Kohleverbraucher ist. Die Studie berichtet über den Status der Branche, ihre Technologien und Synthesegasverfahren.

SachsenEnergie macht Leitwarte fit für die Zukunft

Jungmann Systemtechnik

Nach den systembedingten Umbauten in der Leitwarte des Dresdner Heizkraftwerks war es für den Kommunalversorger SachsenEnergie ein logischer Schritt, dass weitere Modernisierungen folgen. Das technische Bedienkonzept, die Arbeitsplatzergonomie und die Datensteuerung sollten auf den neusten Stand gebracht werden. Als größter ostdeutscher Kommunalversorger entschied sich der Betreiber SachsenEnergie daher, das Unternehmen Jungmann Systemtechnik (JST) mit der zukunftssicheren Umgestaltung seiner Leitwarte zu beauftragen.

Wasserstoffversprödung in Edelstahlrohren: Normen und Standards sind entscheidend

Werner Hannig

Der erfolgreiche Einsatz von Wasserstofftechnologien braucht Messmethoden und Bewertungskriterien für Materialien sowie internationale Normen und Standards. Das hat auch das Bundeswirtschaftsministerium erkannt und eine „Normungsroadmap Wasserstofftechnologien“ in Auftrag gegeben. Darin haben sieben Institute und Verbände den Status Quo an Normen und Dokumenten zur technischen Regelsetzung für Wasserstoff erfasst. Deren Analyse: Das bestehende technische Regelwerk muss teilweise für die Nutzung von Wasserstoff überarbeitet und identifizierte Lücken geschlossen werden. Was das für die Stahl- und stahlverarbeitende Industrie bedeutet, hat Werner Hannig in einem Interview zusammengefasst.

Wie die Elektrifizierung der Industrie erleichtert werden kann: Ein Vorschlag für eine EU-Elektrifizierungsbank

Eurelectric

Die Elektrifizierung industrieller Prozesse ist für Europa unerlässlich, um seine Dekarbonisierungsziele zu erreichen und gleichzeitig die industrielle Wettbewerbsfähigkeit im Rahmen des Green Deal zu stärken. Die Umstellung wird jedoch weiterhin durch hohe Vorlaufkosten, lange Investitionszyklen, nationale Steuersysteme und andere Belastungen der Stromversorgung behindert. Um diese Hindernisse zu überwinden, sollte Anfang 2026 eine EU-Elektrifizierungsbank als zentraler Pfeiler des kommenden Elektrifizierungsaktionsplans in enger Abstimmung mit dem Clean Industrial Deal eingerichtet werden.

Die wachsende Rolle von Erdgas bei der Bewältigung des Dunkelflauten-Dilemmas und der Verbesserung der Energiesicherheit

GEFC Gas Exporting Countries Forum

In den letzten Jahrzehnten hat sich der globale Strommarkt durch den beschleunigten Übergang zu erneuerbaren Energien in bestimmten Regionen grundlegend verändert. Mit der zunehmenden Abhängigkeit von Wind- und Solarenergie, müssen zwei zentrale Herausforderungen im Zusammenhang mit der Variabilität der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen (ohne Wasserkraft) beachtet werden. Die erste Herausforderung ist die inhärente Unstetigkeit von Wind- und Solarenergie . Die zweite Herausforderung ist die Dunkelflaute.

Review des vgbe Expert Event “Storage 2024”

vgbe energy

Das Webinar “Maximising Efficiency: The Potential of Storage Technologies in Power-to-Heat-to-Power Systems” befasste sich mit der zentralen Frage: Welche Rolle können Speichertechnologien, insbesondere Power-to-Heat-to-Power-Systeme, bei der Bewältigung dieser Herausforderungen spielen? Führende Forschungseinrichtungen präsentierten einen umfassenden technischen und wissenschaftlichen Überblick über den Stand der Technik und künftige Fortschritte.

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Review des vgbe Expert Event “Digitalisation in Hydropower 2024”

vgbe energy

Die 7. Veranstaltung „Digitalisation in Hydropower – Innovative data-driven measures for performance optimisation and resilience“ brachte mehr als 140 führende Wasserkraftbetreiber und Herstellerfirmen aus Europa und dem Ausland zusammen, um Wissen über die erfolgreiche Implementierung neuer digitaler Lösungen zu teilen.

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Editorial

Wess2000

Christopher Weßelmann

Chefredakteur vgbe energy

Neue Herausforderungen für Europas Energieversorgung – EU Clean Industrial Deal

Liebe Leserinnen und Leser,

Die Europäische Kommission hat jetzt ihren seit längerem angekündigten Clean Industrial Deal vorgestellt, eine strategische Initiative, die Dekarbonisierung mit wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit verbindet. Das umfassende Paket umfasst einen Aktionsplan für erschwingliche Energie und das Omnibus-Paket, die beide darauf abzielen, die Nachhaltigkeitsziele und die EU-Investitionen zu vereinfachen.

Im Zentrum des Clean Industrial Deal stehen sechs zentrale Säulen, die sich mit den aktuellen industriellen und wirtschaftlichen Herausforderungen Europas befassen. Diese Säulen konzentrieren sich auf den Zugang zu bezahlbarer Energie, die Entwicklung von Leitmärkten für sauberes Angebot und saubere Nachfrage, die Förderung öffentlicher und privater Investitionen, die Sicherstellung des Zugangs zu wichtigen Materialien und Ressourcen, die Stärkung globaler Märkte und Partnerschaften sowie die Förderung von Beschäftigung und Qualifikationen. Zu den Maßnahmen, mit denen diese Ziele unterstützt werden sollen, gehören eine Überprüfung des CO2-Emissionshandels, die Einführung eines europäischen Netzausbaupakets und Investitionsprogramme der Europäischen Investitionsbank. Ein zentrales Ziel ist die Erhöhung der Elektrifizierungsrate auf 32 Prozent bis 2030, verbunden mit erweiterten Garantien für Strombezugsverträge, die nun auch die Kernenergie einschließen. Einige der vorgeschlagenen Änderungen, wie die Entkopplung von Gas- und Strompreisen und die Anpassung der Netztarife, bedürfen jedoch einer sorgfältigen Bewertung.

Ein wesentlicher Bestandteil der Initiative ist der Aktionsplan für bezahlbare Energie, der sich auf die Umsetzung der Strommarktreformen konzentriert. Der Plan zielt darauf ab, langfristige, technologieoffene Verträge zu fördern, die Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien, Speicher und den Netzausbau zu beschleunigen und den heimischen Energiemarkt zu stärken, um die Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen zu verringern. Trotz der vielversprechenden Ansätze gibt es Bedenken hinsichtlich der vorgeschlagenen harmonisierten Netztarifmethodik, die nationale Besonderheiten nicht berücksichtigt und die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Festlegung der Tarife beeinträchtigen könnte. Darüber hinaus könnten die Empfehlungen zur Reduzierung der Spitzennachfrage unter normalen Marktbedingungen das Potenzial der Nachfragesteuerung einschränken.

Das Omnibus-Paket, ein weiterer zentraler Aspekt des Clean Industrial Deal, zielt darauf ab, regulatorische Belastungen, insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung, zu reduzieren. Es sieht Änderungen der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, der EU-Taxonomie und der Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht vor. Ziel ist es, die Berichtspflichten insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen zu reduzieren. Die Anpassungen des CO2-Grenzausgleichsmechanismus umfassen einen angepassten Erfüllungsmechanismus, Änderungen der Berechnungsmethoden und den Wegfall von Strom aus der indirekten Emissionsberichterstattung. Im Bereich der Investitionen konzentriert sich der Vorschlag auf die Aufstockung der Mittel für nachhaltige Infrastruktur durch InvestEU und schätzt, dass die Gesetzesänderungen zusätzliche 50 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investitionen freisetzen könnten. Die konkrete Verteilung dieser Mittel bleibt jedoch unklar.

Diese Initiative markiert den Beginn einer umfassenderen Strategie der Europäischen Kommission zur Förderung einer kohlenstoffarmen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Während nicht alle Elemente des Clean Industrial Deal einer gesetzlichen Genehmigung bedürfen, wird erwartet, dass die Kommission eine aktive Rolle bei der Unterstützung von Unternehmen durch politische Empfehlungen und Investitionsrahmen übernimmt.

Der Weg zu einer saubereren und wettbewerbsfähigeren europäischen Wirtschaft hat gerade erst begonnen.