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Ausgabe 12-2024

Forschung für das Energiesystem der Zukunft und Europas Bürger und Wirtschaft

Christopher Weßelmann

Die Energiewende stellt eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit dar. Eine Minderung klimawirksamer Emissionen und der gleichzeitige Ausbau erneuerbarer Energien sind nicht nur notwendig um die globalen Klimaziele zu erreichen, sondern auch, um die Energieversorgungssicherheit Europas langfristig zu gewährleisten. Dabei wird deutlich, dass die Energiewende ohne intensive Forschung und Innovation nicht erfolgreich umgesetzt werden kann. Forschung ist der Schlüssel, um technologische Durchbrüche zu erzielen, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und den europäischen Forschungs- und Wirtschaftsraum raum zu stärken.

Eine der größten Herausforderungen der Energiewende ist die Integration erneuerbarer Energien in bestehende Energiesysteme. Wind- und Solarenergie sind wetterabhängig und unterliegen starken Schwankungen. Effiziente Energiespeichertechnologien und intelligente Netze sind daher essenziell, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Forschung an Batterietechnologien, Wasserstoff als Energiespeicher und alternativen Ansätzen wie Power-to-X ist von zentraler Bedeutung. Diese Technologien könnten nicht nur den Energiesektor revolutionieren, sondern auch neue Märkte schaffen und Arbeitsplätze in Europa sichern.

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Prognosen und Szenarien zur weltweiten Energieversorgung bis 2050 - Synopse zu den Ansätzen und Ergebnissen 2024 veröffentlichter Studien

Hans-Wilhelm Schiffer

Verschiedene Institutionen veröffentlichen regelmäßig Studien zu den Perspektiven der weltweiten Energieversorgung. Dazu gehören von Regierungen getragene internationale Organisationen, Energiekonzerne, Beratungsunternehmen und wissenschaftliche Institute. Bei den vorgelegten Zukunftspfaden ist zwischen Prognosen und Szenarien zu unterscheiden. Das darin praktizierte unterschiedliche methodische Vorgehen wird skizziert, und es erfolgt eine Kategorisierung der verwendeten Ansätze. Vor dem Hintergrund der Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte werden die in den Studien erzielten quantitativen Ergebnisse zur Entwicklung von Primärenergieverbrauch und Stromerzeugung bis 2050 – differenziert nach Energieträgern – dargelegt. Dies geschieht unter Erläuterung bestehender Gemeinsamkeiten und Unterschiede. In einem Fazit werden Schlussfolgerungen gezogen, die sich aus den Analysen ableiten lassen – dies vor allem mit Blick auf die Einhaltung der Klimaziele.

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Windenergie in Lettland – Diskrepanz zwischen Potenzial und Realität

Anna Lankovska, Katarīna Brence, Dzintars Jaunzems und Dagnija Blumberga

Der Prozess der Entwicklung der Windenergie in Lettland, von der Konzeption bis zur Realisierung und zum Betrieb, wurde untersucht. Es wurde festgestellt, dass in Lettland sowohl auf See als auch an Land aufgrund der günstigen klimatischen Bedingungen ein großes Potenzial für Windenergie besteht. Im Rahmen der Untersuchung wurden die Haupthindernisse und Risiken für die Entwicklung der Windenergie ermittelt. Darüber hinaus wurden die erwarteten Vorteile für die lettische Wirtschaft durch eine systematische Analyse bewertet. Durch die Erstellung von Modellen im Programm „Energy Pro“ wurde die tatsächliche Stromerzeugung eines Windkraftwerks (WPP) in der Region Ventspils bewertet. Die Höhe der für das WPP erforderlichen Kapitalinvestitionen und Betriebskosten sowie die Amortisationszeit unter Berücksichtigung des Strompreises wurden ebenfalls berechnet. Auf der Grundlage der Analyse der lettischen Windenergiebranche und der WPP-Projekte wurden Vorschläge für die Organisation der Entwicklung der Windenergiebranche in Lettland gemacht.

Einordnung unterschiedlicher Energiespeicheroptionen im zukünftigen Großhandelsmarkt

Witold Arnold, Sebastian Bohnes und Peter Moser

Neben der direkten Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien werden zunehmend flexible, emissionsneutrale Kapazitäten für die Versorgungssicherheit benötigt. Eine wichtige Säule sind z.B. die im Kraftwerkssicherheitsgesetz vorgesehenen wasserstofffähigen Gaskraftwerke. Zudem wird erwartet, dass auch große Energiespeicherkapazitäten im Rahmen des Energy Shifting eingesetzt werden. Hierfür sind grundsätzlich unterschiedliche Energiespeicheroptionen denkbar, die sich hinsichtlich ihrer technischen und betrieblichen Merkmale unterscheiden. Herkömmliche Vergleichsmethoden, wie z.B. Levelized Cost of Storage (LCOS), vereinfachen die Komplexität des Marktes häufig zu stark und liefern somit eine verzerrte Darstellung der Wirtschaftlichkeit. Der Artikel stellt daher einen erweiterten Bewertungsansatz vor, der technische und betriebliche Parameter einbezieht, um den Betrieb von Energiespeichern genauer zu modellieren. Die Untersuchung zeigt, dass sowohl Wirkungsgrad als auch Speicherkapazität die Wirtschaftlichkeit maßgeblich beeinflussen. Durch die Kombination von Erlös- und Kostenbetrachtungen können bevorzugte Speicherkonfigurationen identifiziert werden. Die vorgestellte Methodik ermöglicht einen fairen, technologieneutralen Vergleich verschiedener Energiespeicheroptionen im Großhandelsmarkt.

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Reallabor Großwärmepumpen – Praxisbericht zur Errichtung einer 20 MWth Flusswärmepumpe in Mannheim

Felix Hack und Norbert Wenn

Deutschland steht am Anfang einer Wärmeversorgung durch Großwärmepumpen. Das Potenzial für eine nachhaltige Wärmeversorgung durch Großwärmepumpen in Deutschland ist riesig, insbesondere in städtischen Gebieten. Das Reallabor „Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen“, gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und die Europäische Union, zielt darauf ab, praktische Erfahrungen in der Implementierung dieser Technologie zu sammeln und Hemmnisse im Hochlauf zu überwinden. In Mannheim treibt das Energieunternehmen MVV Energie AG (MVV) die Dekarbonisierung der Fernwärmeversorgung unter anderem durch die Nutzung von Flusswärme aus dem Rhein, voran. Die Realisierung einer 20 MWth Flusswasserwärmepumpe am Standort des Großkraftwerks Mannheim ist der erste bedeutende Baustein dieser Strategie. Diese Anlage trägt dazu bei, die Fernwärmeversorgung zu dekarbonisieren und gleichzeitig die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren sowie die Netzstabilität zu verbessern. Die erfolgreiche Inbetriebnahme der Großwärmepumpe im November 2023 markiert einen wichtigen Meilenstein für die Wärmewende in Deutschland. Sie zeigt, dass mit politischem Willen, technologischer Innovation und strategischer Planung eine nachhaltige Wärmeversorgung möglich ist, die sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile bietet.

Untersuchungen zur NOx-Reduktion an Erdgasflammen durch zwei verschiedene Flammenkühlerkonstruktionen

Michael Beyer, Thomas Schmidt und Mario Nowitzki

Die Anforderungen an die NOx-Emissionen sind seit den 1970er Jahren immer weiter verschärft worden. Sind früher durch Verringerung der Feuerraumbelastung die Feuerraumendtemperaturen und damit die NOx-Emissionen gesenkt worden und durch Verminderung der Flammentemperatur durch Zumischung externer Rauchgasrezirkulation die NOx-Emissionen noch weiter reduziert, sind bei Brennern heute vorwiegend mit ausgefeilten Stufungskonzepten die NOx-Emissionswerte unter 50 mg/ m3n@3%O2 erreichbar. Neben den genannten direkten NOx-Minderungsmaßnahmen (Primärmaßnahmen) sind auch zusätzlich Sekundärmaßnahmen zur NOx-Minderung im Einsatz. Zwei der wichtigsten Verfahren zur Sekundären NOx-Minderung sind die „selective- non-catalytic NOx reduction“ (SNCR) und die „selective-catatalytic NOx reduction“ (SCR). Im SNCR Verfahren, werden durch Eindüsung von Ammoniak bzw. Harnstoff im Feuerraum die Emissionen der Rauchgase auf die erforderlichen gesenkt. Beim SCR-Verfahren wird ein Katalysator eingesetzt, so dass NOx-Werte in einem niedrigeren Rauchgastemperaturbereich, katalytisch (SCR-Verfahren) gesenkt werden kann. Das hier vorgestellte Verfahren zur Reduzierung der NOx-Emissionen bezieht sich auf eine Primärmaßnahme für Brennersysteme mit gasförmigen, flüssigen und feinkörnig staubförmigen Brennstoffen.

Erfahrungen mit Strukturrohren (ERK tubes) im Überhitzer in einer Müllverbrennungsanlage

Nikolai Sachno, Michael Beyer und Stefan Kohn

Kessel in Müllverbrennungsanlagen bzw. RDF-Anlagen leiden stark an rauchgasseitigen Korrosionen durch ihre hohen Chlor- (Hochtemperaturkorrosion) bzw. Schwefel- (Niedertemperaturkorrosion) Gehalte in den Rauchgasen. Je stärker die Belägen sind, umso höher sind die Korrosionsraten. Die Überhitzer der Kessel im Müllkraftwerk Bamberg, ein Entwurf der Firma ERK Eckrohrkessel, zeigen hohe Lebensdauer durch die längsangeströmten Rauchgasführung anstatt der üblichen querangeströmten in Tailendkesseln wegen der Verminderung des Belagwachstums. In der RDF-Verbrennungsanlage in Braunsbedra wurden in Versuchen überprüft, ob der Belagswachstum auf den Strukturrohren (ERK Tubes®) gegenüber den Glattrohren und somit auch die Korrosion vermindert ist. Das Belagswachstum der ERK Tubes® ist signifikant reduziert und entspricht etwa 36 % (für den Längsstrombereich) und 45 % (für den Querstrombereich) den der Glattrohren.

Review vgbe-Chemiekonferenz 2024

vgbe energy

Die traditionsreiche vgbe-Chemiekonferenz fand in diesem Jahr bereits zum 60. Mal statt. Dazu sind rund 160 Teilnehmende aus dem In- und Ausland vom 22. bis 24. Oktober 2024 nach Potsdam gekommen, um sich über die aktuellen Trends und Herausforderungen der Kraftwerkschemie auszutauschen und zu informieren.

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56. Kraftwerkstechnisches Kolloquium

Sandra Leik

Das 56. Kraftwerkstechnische Kolloquium (KWTK) fand in diesem Jahr am 8. und 9. Oktober im Internationalen Congress Center Dresden statt. Das KWTK 2024 war – wie bereits in den letzten fünf Jahren – als hybride Veranstaltung konzipiert, wodurch 810 Teilnehmer vor Ort und 20 Teilnehmer online verzeichnet werden konnten. Die Konferenz, bestehend aus einer Plenarveranstaltung, zwei Podiumsdiskussionen, 92 Fachvorträgen hochkarätiger Referenten sowie einer ausgebuchten Firmenmesse mit 102 Ausstellern, bot den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Industrie, Politik und Forschung eine umfassende Plattform zum Austausch über aktuelle Entwicklungen und Innovationen in der Kraftwerkstechnik und Energieversorgung. Die Themenschwerpunkte 2024 waren unter anderem Wasserstoff, Digitalisierung, Neubau- und Pilotprojekte, Verbrennung und Dampferzeuger, Kernenergetische Systeme, Integration regenerativer Energieträger sowie Netze, Betrieb und Instandhaltung. Das nächste Kraftwerkstechnische Kolloquium wird am 7. und 8. Oktober 2025 stattfinden.

Editorial

Wess2000

Christopher Weßelmann

Chefredakteur vgbe energy

Forschung für das Energiesystem der Zukunft und Europas Bürger und Wirtschaft

Liebe Leserinnen und Leser,

Die Energiewende stellt eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit dar. Eine Minderung klimawirksamer Emissionen und der gleichzeitige Ausbau erneuerbarer Energien sind nicht nur notwendig um die globalen Klimaziele zu erreichen, sondern auch, um die Energieversorgungssicherheit Europas langfristig zu gewährleisten. Dabei wird deutlich, dass die Energiewende ohne intensive Forschung und Innovation nicht erfolgreich umgesetzt werden kann. Forschung ist der Schlüssel, um technologische Durchbrüche zu erzielen, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und den europäischen Forschungs- und Wirtschaftsraum zu stärken.

Eine der größten Herausforderungen der Energiewende ist die Integration erneuerbarer Energien in bestehende Energiesysteme. Wind- und Solarenergie sind wetterabhängig und unterliegen starken Schwankungen. Effiziente Energiespeichertechnologien und intelligente Netze sind daher essenziell, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Forschung an Batterietechnologien, Wasserstoff als Energiespeicher und alternativen Ansätzen wie Power-to-X ist von zentraler Bedeutung. Diese Technologien könnten nicht nur den Energiesektor revolutionieren, sondern auch neue Märkte schaffen und Arbeitsplätze in Europa sichern.

Der europäische Forschungsraum spielt dabei eine entscheidende Rolle. Durch grenzüberschreitende Kooperationen können Synergien genutzt und Innovationen beschleunigt werden. Programme wie Horizon Europe unterstützen Forschungsprojekte, die darauf abzielen, die Energiewende voranzutreiben. Europa hat das Potenzial, durch Forschung und Entwicklung eine globale Vorreiterrolle in der Energietechnik einzunehmen. Die enge Zusammenarbeit von Universitäten, Forschungseinrichtungen und der Industrie ist dabei der Schlüssel, um die Energieversorgung nachhaltig und wettbewerbsfähig zu gestalten.

Darüber hinaus ist die Forschung nicht nur eine Frage der technischen Machbarkeit, sondern auch der wirtschaftlichen und sozialen Akzeptanz. Neue Technologien müssen kosteneffizient und für die breite Bevölkerung zugänglich sein. Nur so kann die Energiewende zu einem gesellschaftlichen Erfolg werden. Forschungseinrichtungen in Europa tragen durch innovative Ansätze und interdisziplinäre Zusammenarbeit dazu bei, diese Ziele zu erreichen. Neben technischen Aspekten gewinnen auch sozialwissenschaftliche Studien an Bedeutung, um die Akzeptanz neuer Technologien zu untersuchen und Strategien für deren erfolgreiche Implementierung zu entwickeln.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Energiewende für Europa ist nicht zu unterschätzen. Durch Investitionen in Forschung und Entwicklung können europäische Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern und eine Vorreiterrolle in neuen Technologiemärkten einnehmen. Insbesondere die Entwicklung von Spitzentechnologien wie innovativen Windturbinen, effizienteren Photovoltaikanlagen oder CO2-Abscheidungs- und Speichertechnologien bietet enorme wirtschaftliche Chancen. Diese Innovationen schaffen nicht nur Arbeitsplätze, sondern stärken auch die Position Europas im globalen Wettbewerb.

Ein weiterer zentraler Aspekt der Energiewende ist die Dekarbonisierung der Industrie. Viele energieintensive Branchen, wie die Stahl- und Chemieindustrie, stehen vor der Aufgabe, ihre Prozesse grundlegend zu ändern, um klimaneutral zu werden. Auch hier spielt die Forschung eine tragende Rolle. Pilotprojekte und neue Technologien, wie die Nutzung von grünem Wasserstoff in der Stahlerzeugung, sind vielversprechende Ansätze, um die Industrie nachhaltiger zu gestalten.

Die Energiewende erfordert zudem eine Neugestaltung der Infrastruktur. Der Ausbau von Stromnetzen, die Entwicklung von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und die Schaffung von Speicheranlagen sind essenzielle Bausteine, um die Transformation erfolgreich zu gestalten. Forschung und Innovation sind hier die Triebfedern, um zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln und bestehende Technologien weiter zu optimieren.

Doch Forschung braucht auch Zeit, Ressourcen und eine klare politische Unterstützung. Investitionen in Forschung und Entwicklung sind Investitionen in die Zukunft. Nur durch eine konsequente Förderung können die notwendigen Innovationen erzielt werden, um die Energiewende voranzutreiben. Dabei ist es wichtig, dass politische Entscheidungsträger den Mut haben, langfristig zu denken und Rahmenbedingungen zu schaffen, die Forschung und Innovation begünstigen.