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Ausgabe 5-2025

Die Rolle der Kernenergie in zukünftigen Energieversorgungssystemen

Borja Rosell Herrera

Weltweit werden unterschiedliche Wege hinsichtlich der Nutzung der Kernenergie zur Stromproduktion eingeschlagen. Dem in Deutschland bereits im letzten Jahr umgesetzten Ausstieg planen einige Länder kurz- oder mittelfristigen zu folgen. In Europa sind dies derzeit Belgien, die Schweiz und Spanien. Global betrachtet planen aktuell jedoch mehr als 40 Länder auf der ganzen Welt, die Rolle der Kernenergie in ihren Energieversorgungssystemen auszubauen.

Laut einer Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) ist das weltweite Interesse an Kernenergie so stark wie seit der Ölkrise in den 1970er-Jahren nicht mehr.

Insgesamt trägt die weltweite Flotte von fast 420 Kernreaktoren derzeit mit knapp zehn Prozent zur globalen Stromversorgung bei und ist nach der Wasserkraft die zweitgrößte Quelle für emissionsarme Energie. Obwohl einige Länder ihre Kernkraftwerke stillgelegt oder den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen haben, wächst die Stromerzeugung aus Kernkraftwerken global betrachtet weiter. Insbesondere im asiatischen Raum.

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OT-Sicherheit in der Praxis: NIDS und SOC gehen in KRITIS-Unternehmen Hand in Hand

Frank Stummer und André Greune

Die Bedrohung industrieller Netzwerke durch Cyberangriffe wird häufig unterschätzt – nicht zuletzt aufgrund einer rückblickenden Statistik, die nur wenige bekannte Vorfälle mit physischen Auswirkungen ausweist. Tatsächlich offenbart sich jedoch ein erhebliches Angriffspotenzial: Zunehmende Schwachstellenmeldungen, hochentwickelte Schadprogramme speziell für die OT und eine Zunahme staatlich gesteuerter „Prepositioning“-Kampagnen verdeutlichen die wachsende Gefahr für Kritische Infrastrukturen. Gleichzeitig fehlt in vielen OT-Netzen die grundlegende Sichtbarkeit über Geräte, Kommunikationsmuster und Schwachstellen. Um der dynamischen Bedrohungslage gerecht zu werden, ist eine strategisch integrierte OT-Sicherheitsarchitektur unerlässlich – mit dem Ziel, Cybersicherheit einfach, umfassend und rechtskonform umzusetzen.

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Modellierung und Validierung von Erregersystemen für höhere Frequenzen

Rüdiger Kutzner, Eric Daube, Achim Degenhardt, Andreas Schmid, Uwe Seeger und Martin Bennauer

Der Einsatz leistungselektronischer Komponenten und die Übertragung elektrischer Energie über Hochspannungs-Gleichstromleitungen im Rahmen der Energiewende bringen neue Herausforderungen mit sich. Es stellt sich dabei die Frage, wie sich diese Entwicklungen auf konventionelle Kraftwerke auswirken. Bisher konzentrierten sich Simulationsstudien von Netzbetreibern vor allem auf die Netzstabilität mit Schwingungen bis zu Frequenzen von 3 Hz. Der vorliegende Aufsatz beschreibt, wie das Erregersystem einschließlich des Pendeldämpfungsgeräts (Power System Stabilizer) für höhere Frequenzen detaillierter modelliert werden kann. Dabei wird erläutert, an welchen Stellen die Modelle des weit verbreiteten IEEE-Standards 421.5 erweitert werden müssen, um eine höhere Genauigkeit zu erzielen.

Per Luftpost raus zum Windpark

Marcus A. Ihle

Die Offshore-Windenergie spielt eine wichtige Rolle für das Hochfahren der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen. Sowohl die Bundesregierung als auch die Europäische Union verfolgen ambitionierte Ausbauziele. Aus diesem Grund wird die Energiebranche in den kommenden Jahren Milliarden in neue Windparks auf dem Meer investieren. Um die Kosten im Griff zu behalten, ist die Kontrolle der Betriebskosten von großer Bedeutung. Einen großen Anteil daran haben die Aufwendungen für Logistik, die darin bestehen Menschen und Material über oft mehr als 100 Kilometer zu den Offshore-Windparks zu transportieren. Der Einsatz voll automatischer Drohnen könnte diese Kosten drastisch reduzieren. Die ersten Unternehmen testen bereits den Schwerlasttransport per Drohnen auf dem Meer. Das Gemeinschaftsprojekt „Upcoming Drones Windfarm“ (UDW) hat sich zum Ziel gesetzt zu klären, unter welchen Bedingungen sich der Einsatz von Lastdrohnen für Windparkbetreiber lohnt.

Erfahrungen mit dem Tausch eines 600 MW Generator-Ständermittelteils

Thomas Sommerey

Durch den zunehmenden Ausbau regenerativer Energiequellen und dem damit einhergehenden Aus- und Umbau der Übertragungsnetze, als Teil der Energietransition in Deutschland, stellt sich für die Betreiber konventioneller Kraftwerke die Frage nach lebensdauerverlängernden Maßnahmen zum Weiterbetrieb von Bestandsanlagen, welche als Brückentechnologie zur flexiblen Einspeisesicherung für das gesamte Erzeugungsportfolio mittelfristig weiter eingesetzt werden sollen. Der Beitrag beschreibt in diesem Zusammenhang die technischen Herausforderungen, Umsetzungsplanung und Ausführung durch den Tausch eines nicht mehr benötigten 600 MW Generator-Ständermittelteils als Ersatz für die am Ende ihrer Lebensdauer angekommene Originalkomponente.

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Die Öffnung der Blackbox – Moderne KI-Ansätze in der Nuklearindustrie

Thomas Kopinski und Rafael Kaufmann

Wir befinden uns an einem besonderen Zeitpunkt in der KI-Historie, an dem wir feststellen, dass immer mehr Meilensteine durch KI in immer kürzerer Zeit erreicht werden. Diese exponentielle Entwicklung, bezogen auf das Potenzial von KI-Systemen, geht einher mit einem immer größeren Daten- und Energiebedarf, sodass die Nuklearindustrie hier eine besondere Rolle innehat: Einerseits wird sie als Teillösung für den Energiebedarf gesehen, auf der anderen Seite fragt sie sich, wie Künstliche Intelligenz einen Mehrwert im Rahmen der eigenen Prozesse bringen kann. Oftmals hilft ein Blick auf die vorhandenen Daten, denn diese sind zentral für alle KI-Ansätze, aber nicht immer in ausreichender Menge und Qualität vorhanden. Daher schaut man interessiert auf zukunftsweisende KI-Richtungen: Neurosymbolic AI verspricht, bei teils weitaus weniger Datenbedarf, bessere Ergebnisse zu produzieren und zugleich Licht in die verschlossenen intransparenten KI-Modelle zu bringen – eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Kleine modulare Reaktoren (SMR) und ihre aktuellen Herausforderungen

Naima Amrani und Akira Tokuhiro

Kleine modulare Reaktoren (Small Modular Reactors – SMR) gewinnen als Lösung für globale Energieprobleme zunehmend an Bedeutung, da sie eine kohlenstoffarme Alternative für die Stromerzeugung bieten und eine nachhaltige Entwicklung unterstützen. SMRs sind besonders geeignet zur Versorgung in abgelegenen, von fossilen Brennstoffen abhängigen Regionen oder für Branchen mit hohem Strom- und Wärmebedarf. Der umfassende Einsatz von SMRs ist jedoch mit Herausforderungen verbunden, wie z. B. der Wirtschaftlichkeit, der Verfügbarkeit von Know-how-Trägern und geopolitischen Rahmenbedingungen. In diesem Beitrag werden Herausforderungen und mögliche Szenarien für den Einsatz von SMR untersucht und die Nachhaltigkeit solcher Projekte bewertet. Es werden Wege, Synergien und offene Fragen aufgezeigt sowie politische Überlegungen wie internationale Regularien, Finanzierung, Technologieentwicklung und die Einbeziehung von Interessengruppen. Der Beitrag behandelt auch internationale Kooperationen, die darauf abzielen, Nachhaltigkeitsprobleme im Zusammenhang mit SMR anzugehen, und unterstreicht die Notwendigkeit koordinierter globaler Anstrengungen.

Kernkraftwerke weltweit: Schnellstatistik 2024

Redaktion

Ende 2024 waren 418 Kernkraftwerke in 32 Ländern weltweit in Betrieb. Die Zahl hat sich im Vergleich zum Vorjahresstichtag um 4 erhöht. Sechs Kernkraftwerksblöcke haben erstmals den Betrieb aufgenommen, 2 haben nach längerem Betriebsstillstand den Betrieb wieder aufgenommen, 4 Blöcke wurden stillgelegt. Die installierte und verfügbare Kernkraftkapazität betrug 402 GWe brutto und 379 GWe netto. 9 neue Kernkraftwerksprojekte wurden mit Baubeginn in Angriff genommen. 59 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 66 GWe brutto und 62 GWe netto in 16 Ländern befanden sich in Bau. Darüber hinaus befinden sich weltweit rund 200 Kernkraftwerksblöcke in 30 Ländern in der Projektierung

Energie aus Abfall

Greg Kelsall

Die wachsende Weltbevölkerung, die Urbanisierung und das zunehmende Wirtschaftswachstum führen dazu, dass die Menge der durch menschliche Aktivitäten verursachten Abfälle steigt. Die Menge der Siedlungsabfälle (MSW) übersteigt bereits 2,1 Gt/Jahr, und ohne Maßnahmen zur Reduzierung der Abfallproduktion könnte sie bis 2050 um etwa 60–80 % auf 3,4–3,8 Gt ansteigen. Um dieses wachsende Abfallproblem zu bewältigen, wurde eine Abfallbewirtschaftungshierarchie entwickelt, um Optionen nach ihrer Umweltverträglichkeit zu ordnen. Energie aus Abfall (EfW) ist ein wichtiger Bestandteil dieser Abfallbewirtschaftung, da sie den Anteil der Restabfälle reduziert, die sonst auf Deponien gelangen würden. Dieser Bericht bewertet die Rolle der EfW innerhalb eines umfassenden Abfallsystemansatzes zur Erreichung der Netto-Null-Emissionen (NZE). Dazu gehört auch die Möglichkeit der Anwendung der Kohlenstoffabscheidung in EfW-Anlagen, um als großtechnische Technologie zur Entfernung von Treibhausgasen (GGR) negative Nettoemissionen zu erzielen.

Mögliche Auswirkungen von Zollerhöhungen auf die Gasmärkte

GEFC Gas Exporting Countries Forum

Die jüngste dramatische Wende in der US-Zollpolitik hat zu einer erhöhten globalen wirtschaftlichen Volatilität und Unsicherheit geführt, von der eine Vielzahl von Sektoren betroffen ist, darunter auch die Energie- und Gasmärkte. Die Eskalation der US-Zölle, wie ursprünglich angekündigt, sowie Vergeltungsmaßnahmen wichtiger Handelspartner dürften den globalen Handel beeinträchtigen und zu einer allgemeinen Konjunkturabkühlung beitragen. Die Gasmärkte sind sowohl direkt als auch indirekt von der Eskalation der Zollpolitik betroffen, was zu Umleitungen von LNG-Lieferungen, Verschiebungen in der Handelsdynamik und einer erhöhten Unsicherheit bei langfristigen Investitionsentscheidungen geführt hat.

Editorial

Borja Rosell Herrera

Technical Services Director
Centrales Nucleares Almaraz Trillo
Head of the vgbe Steering Forum Operation Nuclear Power Plants
Madrid, Spanien

Die Rolle der Kernenergie in zukünftigen Energieversorgungssystemen

Liebe Leserinnen und Leser,

weltweit werden unterschiedliche Wege hinsichtlich der Nutzung der Kernenergie zur Stromproduktion eingeschlagen. Dem in Deutschland bereits im letzten Jahr umgesetzten Ausstieg planen einige Länder kurz- oder mittelfristigen zu folgen. In Europa sind dies derzeit Belgien, die Schweiz und Spanien. Global betrachtet planen aktuell jedoch mehr als 40 Länder auf der ganzen Welt, die Rolle der Kernenergie in ihren Energieversorgungssystemen auszubauen.

Laut einer Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) ist das weltweite Interesse an Kernenergie so stark wie seit der Ölkrise in den 1970er-Jahren nicht mehr.

Insgesamt trägt die weltweite Flotte von fast 420 Kernreaktoren derzeit mit knapp zehn Prozent zur globalen Stromversorgung bei und ist nach der Wasserkraft die zweitgrößte Quelle für emissionsarme Energie. Obwohl einige Länder ihre Kernkraftwerke stillgelegt oder den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen haben, wächst die Stromerzeugung aus Kernkraftwerken global betrachtet weiter. Insbesondere im asiatischen Raum.

Aber auch in Europa erfuhr die Kernenergie im Lichte des Klimawandels und vor dem Hintergrund des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine teilweise nochmals eine Neubewertung. So legte die EU-Kommission mit dem Regelwerk der Taxonomie Standards für ökologisches Wirtschaften fest. Die Kernenergie wurde darin im Jahr 2022 als nachhaltig eingestuft, was Investitionen in den Weiterbetrieb und Neubau von Kernkraftwerken förderte.

Damit Europa seine Klimaziele erreichen kann, wird immer deutlicher, dass Kernenergie eine große Rolle im globalen Energiesystem spielen muss, wenn wir die ehrgeizigen Klimaziele erreichen wollen, die wir uns gesetzt haben.

Neben dem Klimawandel spielt auch der steigende Bedarf an Elektrizität eine zentrale Rolle – ein Trend, der durch die zunehmende Elektrifizierung verschiedener Sektoren noch verstärkt wird. Dieser Anstieg ist neben klassischen Sektoren wie der Industrie, auch auf die verstärkte Nachfrage in Bereichen wie Elektroautos, Datenzentren und der Nutzung Künstlicher Intelligenz zurückzuführen, die allesamt erhebliche Mengen an Strom benötigen.

Hoffnungen werden auch in einige neue und spannende Entwicklungen im Bereich der Nukleartechnologie gesetzt – kleine modulare Reaktoren (SMRs) werden als ein neuer Zweig der Branche in Betracht gezogen. Die KKW im Miniformat sollen bei der mittelfristigen Planung einer CO2-armen, dezentralen Stromproduktion in einer Reihe von Ländern eine wichtige Rolle spielen. Aktuell wird an über 80 SMR-Projekte in unterschiedlichen Entwicklungsstadien gearbeitet. Auch in Europa haben eine Reihe von Ländern ihr Interesse bekundet. Die Aussichten der SMRs sind somit sicherlich interessant, da sie sich auch gut für die Wärmeerzeugung für Fernwärme und industrielle Prozesse eignen.

Eine weitere innovative Nukleartechnologie ist das Vorhaben Fusionsenergie zur Stromerzeugung zu nutzen. In internationaler Kooperation wird erforscht, ob und wie sich dieses Vorhaben realisieren lässt. Der erste wirtschaftlich nutzbare Reaktor wird, aus heutiger Sicht jedoch nicht vor 2050 erwartet.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen wird sich der vgbe auch nach dem Deutschen Ausstieg aus der Kernenergie, zukünftig nicht nur dem effektiven Rückbau von Kernkraftwerken widmen. Vielmehr wurde eine erweiterte internationale Gremienstruktur geschaffen um die Erfahrungen und das Know-how des Fachverbandes und seiner internationalen Mitglieder weiterhin für den sicheren Betrieb von kerntechnischen Anlagen nutzbar zu machen.

Dabei ist es ein Baustein auf Erfahrungen der deutschen Kerntechnik zurückzugreifen und so neben Aspekten der Technik und Sicherheit auch Fragen zur Umsetzungsdauer und Wirtschaftlichkeit zu betrachten. Dabei soll künftig ein jährlich erscheinender „Nuclear Buyers Guide – Germany“ unterstützen, der als Schnittstelle zwischen internationalen Betreibern und der deutschen kerntechnischen Industrie fungiert.

Auch die Zukunftstechnologien werden durch vgbe im Rahmen eines Forschungsvorhaben begleitet.